Die psychische Gesundheit pflegen | Magazin ARTISET | 7-8 2022

8  ARTISET 07/08 I 2022 sie das sollten», begründet Lanz, der seit 2016 Geschäfts- führer des «Bifang» ist, sein Interesse an einer Teilnahme. «Alleine schon die Tatsache der Umfrage hatte positive Aus- wirkungen: Die Mitarbeitenden seien zuvor noch nie auf diese Weise befragt und mit einbezogen worden, sagt Karin Hitz, die seit 2019 im «Bifang» arbeitet. Die Rücklaufquote der anonym durchgeführten Befragung bei allen rund 100 Mitarbeitenden war mit gegen 80 Prozent entsprechend hoch. Begleitet wurde die «Bifang»-Führung im Vorfeld der mittels Online-Tool durchgeführter Umfrage sowie bei der anschliessenden Analyse und der Definition der einzuleiten- den Massnahmen durch eine bei der Stiftung Gesundheits- förderung Schweiz akkreditierte Beraterin. Eine neue Arbeitsorganisation In vielen Bereichen stellten die Mitarbeitenden dem «Bifang» gute Noten aus, vor allem jene, die in der Administration, der Gastronomie oder der Hauswirtschaft arbeiten. Im Kerngeschäft der Pflege zeigten sich gewisse Probleme. Un- zufrieden war vor allem das Pflegepersonal im Haupthaus, dem Wohnzentrum mit gegen 80 Betten, verteilt auf sechs Stöcke, für das ein zentrales Team verantwortlich war. «Viele Pflegende fühlten sich überfordert, klagten über zu wenig Zeit respektive über zu wenig Personal.» Eine Situation, die hartnäckig Bestand hatte und aufgrund der Umfrage jetzt aber schwarz auf weiss sichtbar wurde. Die Analyse legte dann offen, dass das eigentliche Problem in der zu grossen Verantwortung der Fachpersonen lag. Karin Hitz: «Sie waren während ihrer Schicht für alle Bewohnenden zuständig und lebten ständig in der Angst, etwas zu vergessen.» Es musste etwas geschehen, um die Situation zu verbes- sern. Statt jetzt aber einfach von oben nach unten die Arbeit im Wohnzentrum neu zu organisieren, wurde ein Projekt- team aus betroffenen Mitarbeitenden und der neuen Leitung Pflege und Betreuung beauftragt, Vorschläge zu erarbeiten. Lanz: «Die Mitarbeitenden wissen am besten selbst, wie sie ihre Arbeit effizient organisieren können.» Mit Elan machte sich das Team ans Werk. «Wir liessen dem Projektteam weit- gehend freie Hand und achteten einzig darauf, dass sie mit ihren Ideen nicht überbordeten», stellt Lanz schmunzelnd fest. Im Juni 2021 ist die neue Organisation realisiert wor- den, im Kern geht es darum, dass jetzt zwei Teams für jeweils rund 40 Bewohnende zuständig sind. Die Folge: «Seit gut einem Jahr arbeiten die Teams imWohnzentrummindestens so motiviert wie jene im Pflegezentrum.» Die Umfrage förderte dabei auch im Pflegezentrum ge- wisse Probleme zutage – dort allerdings nur in einem der beiden Stockwerke. Lanz: «Hier klagten etliche Pflegeper- sonen über Überarbeitung. Sie zeigten auch Überlastungs- reaktionen wie Kopfweh oder Übelkeit. Einige machten sich auch grosse Sorgen wegen privater Probleme.» Die Zufrie- denheit der Mitarbeitenden verbesserte sich dann aber schnell mit dem Wechsel der Stationsleitung. Karin Hitz: «Es trägt hier jetzt eine Fachperson die Verantwortung, die ein offenes Ohr für die Anliegen der Mitarbeitenden hat und mit einer Ausbildung in Palliative Care optimal für die pflegerischen Anforderungen ausgerüstet ist.» Durchführung innovativer Projekte Die Umfrage habe verdeutlicht, so Lanz, von welcher Be- deutung die Beziehungspflege und auch die Arbeitsorgani- sation für die Zufriedenheit und die Gesundheit der Mitar- beitenden sind. Auch Rahmenbedingungen wie genügend Stellen und Löhne spielen selbstverständlich eine Rolle. Lanz: «Wir zahlen gute Löhne und haben gegenüber dem Richtstellenplan des Kantons grosszügige Stellenpläne.» Eine gute, effiziente Betriebsführung sei dafür ein zentraler Faktor, sagt der Organisationsberater und Supervisor. Be- sonders freut ihn, dass in den letzten Jahren verschiedene Pflegefachpersonen ins «Bifang» zurückkehrten – «vor allem aufgrund der Arbeitsbedingungen und unserer Haltung ge- genüber den Menschen». Zu dieser Haltung gehöre es, Mitarbeitende in Prozesse einzubeziehen. «Wenn man die Betroffenen zu Beteiligten macht, sind sie für ihre Arbeit ganz anders motiviert.» Dies bedeute aber auch, die Mitarbeitenden mittels Weiterbil- dungen für neue Aufgaben zu befähigen. «Wir haben ein breites Angebot an freiwilligen und obligatorischen Weiter- bildungen», sagt er und fügt lachend bei: «Das ist das einzige Konto, das explodieren darf.» Mit den Weiterbildungen verbunden sind die Durchführung innovativer Projekte. Ein wichtiges Projekt ist derzeit die Zertifizierung des «Bifang» im Bereich Palliative Care. «Palliative Care ist, nebst spezi- fischem Wissen, eine Haltung, die es nun gemeinsam zu einer Kultur zu implementieren gilt», sagt Lanz. In Zusammenarbeit mit allen Bereichen und Beteiligten eine bestmögliche Lebensqualität bis zum Ende verschaffen, ist sinnerfüllend und bereichert auch das Leben der Mitar- beitenden. Im Fokus «Die Führung eines Betriebs schliesst immer mehr die psychosoziale Beratung der Mitarbeitenden ein.» Marcel Lanz, Geschäftsleiter des Bifang Wohn- und Pflegezentrums

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