Was Freiwillige leisten und erleben | Magazin ARTISET | 7-8 2024

ARTISET 07/08 I 2024 31 Aktuell Seit fast 35 Jahren leiten Beat und Susanne Hirschi das Alterszentrum Jurablick in Niederbipp BE. «Wir sind wohl derzeit eines der langjährigsten Heimleiterpaare der Schweiz», vermutet Beat Hirschi. Und: Sie sind der Zeit immer ein Stück voraus. Ihr Zentrum haben sie längst nach den Bedürfnissen der Babyboomer ausgerichtet, die selbstbestimmt alt werden wollen. Von Claudia Weiss Konzentriert schaut Lina Arn auf den grossen Bildschirm an der Wand vor ihr. Auf dem Display flitzt ein gezeichneter Marienkäfer zwischen zwei Reihen von Sonnenblumen hindurch. Diesen kann sie steuern, indem sie mit dem Fuss auf einen der vier Pfeile tippt: Tippen rechts, tippen hinten, ja, sie hat die Sternblume erwischt, ein Extrapunkt, tippen rechts, tippen links, und flink ist sie dem Kaktus ausgewichen. Die muntere alte Dame strahlt, sie hat sichtlich Spass am «Kogni-Training», dem motorisch-kognitiven Training, das im Alterszentrum Jurablick in Niederbipp seit ein paar Jahren zu den fixen Angeboten der Aktivierung zählt. Zwei- bis dreimal pro Woche steht sie auf dem «Dividat Senso»-Gerät, das extra für alte Menschen entwickelt wurde, und tippt wie beim Spiel «Ladybug» energisch mit dem Fuss auf die entsprechenden Tasten am Boden. Dabei sieht man ihr die 93 Jahre kein bisschen an. «Dieses Training gefällt mir sehr», erzählt Lina Arn munter. «Es hält mein Hirn fit!» Oft herrscht ein regelrechter Andrang vor dem Gerät, bis zu fünf Leute warten manchmal in den gemütlichen Sesseln, bis sie an die Reihe kommen. Ein breitgefächertes Angebot Anregung, körperliche und mentale Fitness und abwechslungsreiche Aktivitäten – diese Elemente hat Geschäftsführer Beat Hirschi schon lange in das Angebot des Alterszentrums Jurablick eingebaut. «Heute ist es keine Challenge mehr, 90 Jahre alt und älter zu werden», erklärt er. Die Babyboomer, die nicht nur sehr alt werden, sondern sehr fit bleiben wollen, stünden in den Startlöchern. Und, das spürt er schon länger, diese Bewohnerinnen und Bewohner wollen vital und selbstbestimmt am Leben teilhaben: «Sie haben klare Anforderungen, und die alte Heimmentalität zieht nicht mehr.» Das bedeutet für ihn vor allem, dass diese Bewohnenden nicht mehr damit zufrieden sind, abseits in einem Haus im Nirgendwo Zeit abzusitzen und sich zu langweilen. «Nein, sie wollen bei den Leuten sein.» Die Häusergruppe des Alterszentrums Jurablick bietet genau das: Das Zentrum mit den 80 Pflegeplätzen, 60 Alterswohnungen und einer Tagesstätte mit 15 Plätzen zur Entlastung von pflegenden Angehörigen liegt fünf Gehminuten vom Bahnhof Niederbipp. Unterwegs kommt man an einem Coop und einer Migros vorbei, an einer Bäckerei, der Post und einem Restaurant – man könnte sagen, der Jurablick liegt sozusagen im Herzen des Dorfs. Genau eine solch zentrale Lage sei heute sehr gesucht, sagt Hirschi zufrieden: «Hier findet das Leben statt!» Sich verändernden Bedürfnissen anpassen Beat und Susanne Hirschi, 62- und 61-jährig, amten seit fast 35 Jahren als Geschäftsführer im Jurablick. «Wir sind wohl eines der langjährigsten Geschäftsführerpaare», vermutet Beat Hirschi mit einem Lächeln. Gemeinsam übernahmen die Psychiatriepflegefachfrau und der Psychiatriepflegefachmann 1989 das Alterszentrum, und bei allen Neuerungen überlegten sie, wie sie selbst dereinst im Alter gerne leben würden. Dadurch entwickelten sie laufend neue Ideen und wurden damit vielleicht tatsächlich zum ältesten, aber zugleich zum sehr modernen Heimleiterpaar. Susanne Hirschi, die anfangs noch gedacht hatte, sie würde in der Alterspflege mit anpacken, kümmerte sich dann vor allem im Hintergrund um ihre zwei Kinder und um die Administration. Und sie hielt ihrem Mann den Rücken frei, damit er Visionen und innovative Ideen entwickeln konnte. Schon lange, bevor die Vision Wohnen in Alter von Curaviva ein Thema wurde, war für Hirschi klar: «Babyboomer wollen nicht in ein Altersheim.» Aber sie wollen so wohnen, dass alles in ihrer Nähe, gut erreichbar und barrierefrei ist und dass sie bis zuletzt selbstständig in ihrer Wohnung bleiben können. Und Anschluss an das Leben im Dorf haben. Vor ein paar Jahren hat Beat Hirschi deshalb im neuen Anbau des Alterszentrums Jurablick auf 500 Quadratmetern ein Fitnesscenter eingerichtet. In diesem können Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch Mitarbeitende und Leute aus dem Dorf trainieren. Hirschi führt durch den Raum und plaudert kurz mit dem Leiter des Centers. Der älteste Benutzer des Fitnesscenters ist 99 Jahre alt, ab 15 Jahren werden Junge zugelassen. Hirschi

RkJQdWJsaXNoZXIy MTY2MjQyMg==