Was Freiwillige leisten und erleben | Magazin ARTISET | 7-8 2024

34 ARTISET 07/08 I 2024 klassen und die Sonderschule. In der Zwischenzeit wissen wir längst, dass Lernen sehr heterogen ist. Nicht jeder lernt das Gleiche zur gleichen Zeit, die Vorlieben für gewisse Fächer ändern sich, auch Verhaltensauffälligkeiten dauern nicht für immer an. Die Herausforderung besteht darin, auf die heterogenen Problemstellungen auch heterogenere Antworten zu finden. Und trotzdem wollen etliche wieder zur Separation zurück… Für die Lehrpersonen der Regelschule scheinen die Probleme damit gelöst, nicht aber für die Schülerinnen und Schüler. Die Frage ist nämlich, ob er oder sie in der Sonderklasse oder auch in der Sonderschule eine Antwort auf seine respektive ihre Probleme erhält. Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten oder Sprachschwierigkeiten in Sonderklassen zu unterrichten, bedeutet, sie immer wieder mit den gleichen Problemen zu konfrontieren. Wir wissen heute: Lernen in heterogenen Klassen ist für alle positiv, auch für die Starken. Und zudem gibt es auch eine soziale Komponente: Werden Schülerinnen und Schüler, die in homogenen Klassen aufwachsen, auf ein Leben in einer zunehmend heterogenen Gesellschaft vorbereitet? Ich denke, das ist nicht der Fall. Verfügt die Regelschule aber nicht ganz einfach über zu wenig Ressourcen, um mit der Heterogenität klarzukommen? Das Problem besteht vor allem darin, dass wir in der Schweiz immer noch zwei Parallelsysteme haben: zwei Säulen oder zwei Silos, die Regelschule und die Sonderschule. Jedes System für sich funktioniert gut. Was aber nicht funktioniert, ist die Zusammenarbeit zwischen den beiden Systemen. Sonderschulen binden Ihrer Meinung nach Ressourcen, welche Regelschulen brauchen würden, um mit komplexen Situationen zurechtzukommen? Wir haben in der Schweiz die nötigen Ressourcen, wir sind gut dotiert. Sonder- und Regelschulen müssen aber besser zusammenarbeiten. Es geht um den Know-how-Transfer. Dafür müssen wir unsere Gewohnheiten ändern und uns vom Silodenken verabschieden: Die Regelschule entlastet sich mittels der Sonderschule von schwierigen Schülerinnen und Schülern. Damit verhindern wir aber, dass diese ihr Potenzial ausschöpfen und ihre Integration verbessern. Wir müssen die Systeme näher zueinander bringen. Statt einer verbesserten Zusammenarbeit verstärken wir aber das Silodenken, indem wir die Sonderschule sogar noch ausbauen … Die Sonderschulen bauen aus – das müssen Sie näher erläutern. Wenn wir die Statistik der letzten 40 Jahre genauer anschauen, fällt auf, Romain Lanners in der Bibliothek an seinem Arbeitsplatz in Bern: «Die Regelschulen nützen das Angebot der Sonderschulen, um Probleme auszulagern.» Foto: esf

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