ARTISET 09 I 2023 33 Um ihre Pflegequalität zu verbessern, arbeiten die Pflegeheime in der Schweiz seit geraumer Zeit mit Indikatoren. Im Rahmen eines nationalen Implementierungsprogramms wird jetzt ein Massnahmenpaket entwickelt, das die datenbasierte Qualitäts- entwicklung nachhaltig verankern soll. Forschende aus den drei Landesteilen beziehen dabei alle Beteiligten ein – bis hin zu Bewohnerinnen, Bewohnern und ihren Angehörigen. Von Elisabeth Seifert Seit 2019 sind alle rund 1600 Pflegeeinrichtungen in der Schweiz dazu verpflichtet, bei ihren Bewohnerinnen und Bewohnern jährlich eine Reihe von Daten zwecks der Berechnung von sechs medizinischen Qualitätsindikatoren (MQI) zu sammeln. Diese sechs Indikatoren greifen mit den vier Messthemen Mangelernährung, bewegungseinschränkende Massnahmen, Polymedikation sowie Schmerzen relevante Faktoren für das Wohlbefinden der Bewohnenden auf. Wie vom Gesetz vorgesehen, dürften die Indikatoren diesen Herbst erstmals für jedes einzelne Heim öffentlich ausgewiesen werden. Der Entscheid fällt in diesen Wochen. «Die Messung der nationalen Qualitätsindikatoren trägt dazu bei, dass die Heime Qualitätsstrukturen aufbauen und viel bewusster als noch vor fünf Jahren mit solchen Indikatoren arbeiten.» Diese Beobachtung macht Franziska Zúñiga, Professorin am Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel, die gemeinsam mit ihrem Team das Projekt zur Einführung von MQI von Beginn weg begleitet hat. Parallel dazu stellt sie eine Professionalisierung im Bereich der Pflegeentwicklung fest. Um die Heime in diesem Prozess zu begleiten, hat die eidgenössische Qualitätskommission (EQK), die den Bundesrat bei der Qualitätsentwicklung in der medizinischen Leistungserbringung unterstützt, das Nationale Implementierungsprogramm – Qualität in der stationären Langzeitpflege (NIP-Q-Upgrade) ins Leben gerufen. Der Branchenverband Curaviva sowie Senesuisse, der Verband der wirtschaftlich unabhängigen Alters- und Pflegeeinrichtungen, leiten das Programm im Auftrag der EQK. Die Forschung des seit Oktober 2022 bis Ende September 2026 laufenden Programms wird vom Institut für Pflegewissenschaft (INS) der Uni Basel, von der Haute École de la Santé La Source in Lausanne (ELS) und der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI) durchgeführt. Wirkung entfalten – dank Partnerschaft «Weil die Heime bereits seit mehreren Jahren mit Indikatoren arbeiten, sind sie jetzt bereit für den nächsten Schritt», unterstreicht Franziska Zúñiga, die die Forschungsarbeiten leitet. Im Zentrum von NIP-Q-Upgrade stehen dabei zunächst zwei Themenfelder: die Verbesserung der Datenqualität und die Optimierung der datenbasierten Qualitätsentwicklung. Die wissenschaftliche Erarbeitung beider Themen folgt den Maximen der Implementierungsforschung. Dabei werde, wie Zúñiga ausführt, zunächst jeweils eine Kontextanalyse erstellt. Deren Ziel bestehe darin, zu verstehen, was bereits in einem bestimmten Bereich unternommen wird und wo eventuelle Probleme bestehen. Danach werden Massnahmen entwickelt und getestet, bevor sie national umgesetzt werden. Der Ansatz der Implementierungsforschung erfordere auch den Einbezug sämtlicher für eine Fragestellung relevanter Ansprechpartner und Akteure: von den Kantonen über regionale Verbände und Institutionen bis hin zu den Bewohnenden und ihren Angehörigen. Zúñiga: «Wenn man möchte, dass sich in der Praxis etwas ändert, dann braucht es die Partizipation. Wenn man Massnahmen einfach von oben verfügt, wird man kaum etwas bewirken können.» «Die Anforderungen an das Projekt bedingen, dass die Forschenden nahe an den Akteuren vor Ort sind», unterstreicht Nathalie Wellens, Professorin der Hochschule für Gesundheit La Source in Lausanne (ELS) und Mitglied des wissenschaftlichen Konsortiums des Programms.
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