ARTISET 09 I 2023 47 Aktuell Menschen mit Behinderung, die in den Medien und sozialen Netzwerken vermehrt das Wort ergreifen, damit sie als gleichwertige Bürgerinnen und Bürger gesehen und gehört werden, und Modelabels, Stylistinnen und Stylisten, die sich für das Bedürfnis von Menschen mit Behinderung einsetzen: Diese jüngsten Entwicklungen haben die Kunsthistorikerin Elisa Fulco und Teresa Maranzano, Programmleiterin von Mir’arts und «Tu es canon» des Vereins ASA Handicap mental, veranlasst, sich in einem Projekt mit dem Thema der inklusiven Mode für Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. «Inklusive Mode befasst sich mit aktuellen, sensiblen Fragen wie der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft und der Stigmatisierung in Bezug auf Schönheitsfragen», sagt Teresa Maranzano. So entstand im Jahr 2019 das Programm «Tu es canon». Es wirbt für inklusive Mode mit und für Menschen mit Behinderung mithilfe eines Manifests, eines Blogs, Impulstagen, Weiterbildungen, Veranstaltungen und seit Dezember 2022 auch mit einem Buch, das den Titel «Tu es canon, manifeste de la mode inclusive» trägt. «Mode hat die Macht zu verschönern, was als Defizit wahrgenommen wird, sie kann einen Stil verleihen», sagt Teresa Maranzano. «In der inklusiven Mode muss sich nicht der Körperbau den Kleidern und Accessoires anpassen, die auf der Grundlage eines standardisierten Schönheitsideals entworfen wurden. Es sind die Kleider und Accessoires, die angepasst werden müssen, damit alle sie tragen können.» Bewegung in die Modedesign Ausbildung bringen Nach der Formulierung des Programms erschien im Jahr 2021 ein von einer Arbeitsgruppe ausgearbeitetes Manifest für eine inklusive Mode. «Die Unterzeichnenden dieses Manifests richten sich an Modeschöpferinnen und Modedesigner, an Stylistinnen, an die Modebranche und an die Medien, damit die Vielfalt an Grössen, Massen, Prothesen und weitere anatomische Besonderheiten berücksichtigt werden, um jedem Menschen Würde und Schönheit zu verleihen.» Ende 2022 folgte auf Initiative von Elisa Fulco und Teresa Maranzano ein Buch. Die Autorinnen möchten durch «Tu es canon, manifeste de la mode inclusive» Bewegung in die Ausbildungen im Modedesign bringen. «Das komplette Fehlen von Literatur zu diesem Thema hat uns bewogen, das Buch zu schreiben. Es erschien uns wichtig, von der Bewegung zu erzählen, ihr Ausmass und ihre Bedeutung hervorzuheben.» Das Duo teilt sich die Aufgaben. Während sich Elisa Fulco als Kunsthistorikerin den geschichtlichen und zeitgenössischen Aspekten auf internationaler Ebene widmet, befasst sich Teresa Maranzano mit der Umsetzung des Programms und mobilisiert die betroffenen Personen. Das erste Schweizer Manifest für eine inklusive Mode mit dem Titel «Tu es canon, manifeste de la mode inclusive» erzählt die Geschichte der inklusiven Mode und ihrer Herausforderungen. Das Manifest – veröffentlicht auch als Buch – lässt Expertinnen und Experten dieser Mode zu Wort kommen. Von Anne Vallelian Hemd mit Magnet verschluss von Jeffrey Krieger. Foto: Jasmine Deporta
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