ARTISET 09 I 2023 49 Aktuell breitere Fachkenntnisse als nur das Wissen über Stoffe und Schnitte», sagt Teresa Maranzano. Der Schaffensprozess fasziniert die Studierenden. Zum Beispiel Jeffrey Krieger, der an der ECAL ins dritte Jahr des Bachelor-Studiums in Industriedesign kommt. Der Student besuchte den Workshop ein Semester lang und konzentrierte sich dabei unermüdlich auf die Umsetzung seiner Grundidee: ein Verschlusssystem mit Magneten. «Ich hatte mich mit Druckknöpfen und Hemdknöpfen befasst. Die erfordern aber entweder Kraft oder Fingerfertigkeit», sagt er. «Also habe ich mir die Eigenschaften von Magneten zunutze gemacht, die haften und fest zusammenhalten. Die Herausforderung war allerdings, dass der Verschluss dauerhaft hält. Designer verfolgen bei ihren Kreationen oft verschiedene Ansätze. Ich hingegen habe auf meiner Idee mit den Magneten beharrt, ohne davon abzuweichen. Ich bin ziemlich hartnäckig.» Während des ganzen Semesters testen fünf Menschen mit Behinderung regelmässig die Projektfortschritte der Studierenden. Zu ihnen gehört auch Jérôme Gaudin. «Dank diesen Workshops haben wir Rückmeldungen aus der realen Welt erhalten. Dies war für uns neu, und durch den Austausch wurde mir bewusst, wie schwierig der Alltag oft ist.» Jérôme Gaudin ist Berater für Behindertenfragen, gesteht aber ein, dass er sich weder Modezeitschriften anschaut noch ein Modefan ist. Gleichwohl ist er der Meinung, dass «Das Manifest richtet sich an Modedesigner und Stylistinnen, damit Prothesen und anatomische Besonderheiten berücksichtigt werden, um jedem Menschen Würde und Schönheit zu verleihen.» Teresa Maranzano, Programmleiterin von «Tu es canon» die Mode hinsichtlich Behinderungen vor einer grossen Herausforderung steht: sich kleiden zu können, wie man möchte, und Zugang zu angepassten Kleidern und Accessoires zu haben, die langlebig und für alle erschwinglich sind. «Ich habe meine Denkweise überholt und rate den Studierenden, dass sie in ihrem Schaffensprozess nicht an eine bestimmte Art von Behinderung denken sollen. Massanfertigungen sind zu teuer», sagt er. «Das Ziel ist, dass man im Grosshandel angepasste Sachen findet.» Anfang März wurde eine Auswahl der von Studierenden der ECAL erarbeiteten Projekte im Lausanner Museum of Contemporary Design and Applied Arts (MUDAC) ausgestellt. Im Moment sind es nur Prototypen, aber vielleicht können einige Projekte der ECAL später vermarktet werden. «Ich hoffe es sehr, denn ich bin überzeugt, dass sie einer nützlichen und gerechten Sache dienen», sagt Jeffrey Krieger. Manifest für Mode, die von möglichst vielen Menschen getragen werden kann.
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