ARTISET 09 I 2024 33 Le Nouveau Prieuré und deren Auswirkungen auf die Nutzerinnen und Nutzer ausgewertet werden. Die Studie belegt, dass die Umsetzung des Mehrgenerationenprojekts generell geglückt ist. Der Bericht erwähnt die positiven Rückmeldungen der Dienstleistungsnutzenden, der Angehörigen und des Personals, die sich vor allem auf die Lebensqualität und den bereichernden generationenübergreifenden Aspekt beziehen. «Den befragten Personen zufolge ermöglicht es das Projekt (...), sich an Unterschiede zu gewöhnen und sich auch in Frage zu stellen. Dies fördert ein Umdenken bei den einzelnen Bevölkerungsgruppen (ältere Menschen, Mehrfachbehinderte, Kinder)», schreibt die Socialdesign AG. Mehr Spontaneität, Integration und Öffnung Die in der Auswertung ermittelten Verbesserungspotenziale, die auch den Feststellungen des Direktionskollegiums entsprechen, betreffen vor allem die Spontaneität von Begegnungen, die Integration der Studierenden und die Öffnung für das Quartier. «Jeder Partner hat sich in einen Rahmen einzufügen, mit Standards, Leitlinien, Rhythmen und Besonderheiten, die nur für ihn gelten und gelegentlich Spontaneität verhindern», bekennt Martine Brügger. Zugleich versichert sie jedoch, dass die Einrichtungen bereits mit der Durchführung von Aktivitäten begonnen haben, die den spontanen Austausch fördern. Auch die Gemeinschaftsbereiche werden mit mehr Angeboten noch stärker genutzt: Spiele, Konzerte, körperliche Aktivitäten, generationenübergreifende Feste oder Apéros. Dazu kommen ein Riesenaquarium, das im Sommer auf dem Dorfplatz aufgestellt ist, und ein Anschlagbrett für Kleinanzeigen, um den Tauschhandel zu fördern. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Bekanntgabe von Veranstaltungen und Events im Quartier. Das Personal hat Anspruch auf Immersionstage nach dem Motto «Lebe mein Leben». Damit sollen die Mitarbeitenden besser verstehen, in welchem Kontext die anderen Einrichtungen arbeiten und wie sie Menschen begleiten. Ziel ist es, neue Ideen für gemeinsame Aktivitäten auszutauschen. Auf der Studierendenetage zählt die 27-jährige Anna zu den wenigen Mieterinnen und Mietern, die zu dieser Jahreszeit anwesend sind. Die Jurastudentin lebt seit zwei Jahren im Nouveau Prieuré. Ihr gefällt, wie bunt gemischt dieser Ort ist. Sie hat freiwillig beim Frühlingsfest im Zentrum mitgewirkt, pflegt aber keine regelmässigen Kontakte zu Bewohnenden des Alters- und Pflegeheims, den Dienstleistungsnutzenden von Clair-Bois oder den Kindern der Kita. Hingegen hat sie eine enge Beziehung zu einem älteren Ehepaar in der Résidence de La Gradelle, einem Haus mit Betreuung, das ebenfalls dem BCAS gehört. Tatiana Butinof, Leiterin der Studierendenetage und der Résidence de la Gradelle sowie Mitglied des Direktionskollegiums, räumt ein, dass es noch keinen ausreichenden Austausch zwischen den Studierenden und den Bewohnenden des Zentrums gibt. Grund seien vor allem unvereinbare Zeitpläne. Sie hat jedoch viele Ideen, um die Aktivitäten in der Résidence de La Gradelle auch für Nutzerinnen und Nutzern von Le Nouveau Prieuré zu öffnen – unter anderem Aufführungen und den Bücherbus alle zwei Wochen mittwochs mit verschiedenen Animationen. Sie hat auch Spezialpreise ausgehandelt, um die Studierenden zu einem Besuch im Restaurant Le Trait d’Union auf dem Dorfplatz zu animieren. Eine positive Dynamik Bei Clair Bois freut man sich über diesen Erfolg, der die Sozialisierung fördert und Menschen mit Mehrfachbehinderung gemeinsam mit anderen Bevölkerungsgruppen am Leben teilhaben lässt. «Das Tolle ist, dass wir bei den Dienstleistungsnutzenden trotz den unterschiedlich ausgerichteten Lebensprojekten einen gemeinsamen Nenner finden: das Zusammenleben unterschiedlicher Generationen und Bevölkerungsgruppen», unterstreicht Pierre Coucourde, Geschäftsführer der Stiftung Clair Bois. Ihm zufolge müsste sich das Modell Le Nouveau Prieuré jedoch noch weiter vom institutionellen Weg entfernen. «Die Ortsgeografie führt dazu, dass jede Einrichtung eine natürliche Tendenz hat, im Quartier zu bleiben und es nur für spezielle gemeinsame Anlässe mit anderen zu verlassen.» Es geht daher darum, eine grössere Offenheit, ja sogar eine Deinstitutionalisierung anzustreben – mit unabhängigeren Wohnungen, einer grösseren Durchmischung im Nouveau Prieuré und einer stärkeren Integration ins Quartierleben. Dafür ist eine regelmässige Überarbeitung des Konzepts erforderlich – im Wissen, dass es in einem Quartier verankert ist, das sich schnell verändert und strukturiert. «Dies erfordert auch geistige Anstrengungen. Wir müssen ständig die anderen Partner im Hinterkopf haben und überlegen, was wir gemeinsam machen können. Die Teams sind sehr offen, und die Dynamik ist für alle Beteiligten positiv», freut sich Pierre Coucourde. «Es gibt viele Aktivitäten und Interaktionen, mit denen man die Begegnung der Bevölkerungsgruppen fördern kann.» Martine Brügger, Leiterin des Alters und Pflegeheims Le Nouveau Prieuré Aktuell
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