Grenzverletzungen angehen | Magazin ARTISET | 9 2024

ARTISET 09 I 2024 35 Rahmen der Umsetzung der Pflegeinitiative getroffen werden. Das nationale Monitoring belegt deutlich die Notwendigkeit der Pflegeinitiative. Bugmann: Die Umsetzung der Pflegeinitiative ist vom Konzept her gut und richtig aufgebaut. Zuerst tragen die Alters- und Pflegeheime im Rahmen der Ausbildungsoffensive dazu bei, mehr Pflegepersonal auszubilden, und dann geht es in einer zweiten Etappe darum, die Arbeitsbedingungen und auch die Weiterentwicklung der Pflegefachpersonen zu verbessern, sodass die Pflegenden auch bleiben. Zweifel: Das Monitoring des Pflegepersonals belegt klar den Handlungsbedarf in verschiedenen Bereichen. Wichtig scheint mir gerade auch der Stellenwert der Pflege und ganz besonders der Langzeitpflege in der Gesellschaft. Daran müssen wir als Branche arbeiten, um die Herausforderungen der Zukunft angehen zu können. Anfang Juli ist die erste Etappe der Pflegeinitiative in Kraft getreten: Die Kantone werden verpflichtet, die praktische Ausbildung in den Einrichtungen zu fördern und Studierende mit Ausbildungsbeiträgen zu unterstützen. Was erhoffen Sie sich von solchen Massnahmen? Zweifel: Diese Massnahmen sind wichtig, sie stellen die Heime aber zum Teil auch vor Herausforderungen. Ich möchte aber unterstreichen, dass sehr viele unserer Mitglieder schon in der Vergangenheit viel in die Ausbildung von Pflegefachpersonen investiert haben. Inwiefern bedeuten die Massnahmen für die Heime eine Herausforderung? Zweifel: Problematisch ist für mich insbesondere, wenn die Ausbildungsverpflichtung mit einem Bonus-Malus-­ System verbunden wird. Unzufrieden sind die Heime vor allem dann, wenn sie eine Busse bezahlen müssen, weil sie nicht genügend Fachpersonen ausbilden. Dies, obwohl es oft sehr schwierig ist, Auszubildende zu finden. Zudem muss man auch bedenken, dass es einen Mangel an Berufsbildenden und Praxisbildenden gibt. Diese sind aber einerseits auch ausschlaggebend, um überhaupt die geforderte Anzahl Pflegefachpersonen auszubilden, und andererseits spielen sie auch eine tragende Rolle bei der Ausbildungsqualität und tragen somit auch zur Zufriedenheit der Auszubildenden bei. Welche Hoffnungen knüpfen Sie an die von den Kantonen geleisteten Ausbildungsbeiträge für Studierende? Zweifel: Diese Massnahme ist bei den Leistungserbringern unbestritten, weil die Finanzierung geregelt ist und der Kanton sie übernimmt. Es kann aber durchaus sein, dass Studierende die Ausbildung lieber in den Spitälern machen, weil hier die Löhne höher sind als in den Pflegeheimen. Deshalb braucht es in diesem Bereich unbedingt gleich lange Spiesse. Bugmann: Wie bei der Förderung der praktischen Ausbildung gibt es auch bei den Ausbildungsbeiträgen unterschiedliche kantonale Umsetzungen. Das entspricht unserem Föderalismus. St. Gallen will zum Beispiel, dass in gewissen Fällen die Ausbildungsbeiträge zurückgezahlt werden. Zweifel: Je nach Kanton sind die Ausbildungsbeiträge zudem unterschiedlich hoch. Das erklärt sich mit den jeweiligen Lebenshaltungskosten. Umliegende Kantone kommen dadurch unter Druck. Bugmann: Die Pflegeheime stehen bei der Rekrutierung von Personal vor einer doppelten Herausforderung: Zum einen gibt es den kantonalen Wettbewerb und zum anderen den Wettbewerb zwischen den Versorgungsbereichen. Hier bildet die Kampagne «Karriere machen als Mensch» ein wichtiges Instrument, um die Vorteile und Chancen der Langzeitpflege besser bekannt zu machen. Während acht Jahren wollen Bund und Kantone die Massnahmen je zur Hälfte mit bis zu einer Milliarde fördern. Und was ist dann? Bugmann: Mit dem nationalen Monitoring Pflege haben wir ein gutes Instrument, um die Wirkung der Massnahmen zu messen. Wir sehen dann auch, wo allenfalls weitere Massnahmen ergriffen werden müssen. Als Vertreter der Interessen unserer Mitglieder werden wir die Situation genau beobachten und bei den Behörden Druck machen, wenn wir Handlungsbedarf sehen. Zweifel: In der föderal organisierten Schweiz wird die Milliarde nicht gleichmässig verteilt sein. Wenn ein Kanton höhere Beiträge zahlt, zahlt auch der Bund mehr. In gewissen Kantonen dürfte sich die Situation stärker verbessern als in anderen, sofern es sich um die richtigen Massnahmen handelt. Wir werden genau beobachten, wo es am besten läuft. Und: Vor Ablauf der acht Jahre werden wir uns gemeinsam mit unseren Kantonalverbänden «Die in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagenen Zuschläge, etwa für Nachtarbeit oder Schichtarbeit, finden wir gut – unter der Voraussetzung, dass sie finanziert sind.» Catherine Bugmann, Projektleiterin Politik von Artiset

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