Grenzverletzungen angehen | Magazin ARTISET | 9 2024

8 ARTISET 09 I 2024 STEFANIE SAGER www.keller-be atung.ch 056 483 05 10 5405 Baden-Dättwil Strategie Projekte Controlling Prozesse die Pflege gezielt auSriChten «Entdecken Sie unsere massgeschneiderte Pflegeberatung zur Optimierung von Organisations- und Arbeitsmodellen. Gerne berate ich Sie persönlich.» Ihre Spezialisten für Spital, Heim und Spitex Anzeige die Grundlagen erarbeitet werden, während im zweiten Halbjahr der Bündner Standard im Haus eingeführt und gefestigt wird. Das Prozessbegleitungsteam erklärte den Mitarbeitenden des Alters- und Pflegezentrums beim Kick-off-Event zudem sehr anschaulich, was der Bündner Standard kann und bezweckt. Besonders spannend war das Aufzeigen der unterschiedlichen Sphären des Miteinanders, in denen sich Personen im Pflegeheim bewegen: Für Mitarbeitende eines Pflegeheims ist ihr Arbeitsort eine öffentliche oder professionelle Sphäre, während es für die Bewohnenden ihr Zuhause ist, und sie sich somit in ihrer Privat- und Intimsphäre bewegen. Es kommt also rein deshalb schon zu Grenzverletzungen, weil sich Personen im Pflegeheim in unterschiedlichen Sphären mit unterschiedlichen Intentionen begegnen. Grenzüberschreitungen durch Bewohnende Intern wurde eine fünfköpfige Projektgruppe gegründet, in der Vertretende aller Arbeitsbereiche und unterschiedlicher Hierarchiestufen mitgemacht haben. Gemeinsam wurden vier Workshops für die Mitarbeitenden des «Serata» organisiert, in denen Situationen aus dem Alltag aufgearbeitet und diskutiert wurden. Die Mitarbeitenden begannen gemeinsam zu reflektieren, welche konflikthaften Situationen in letzter Zeit vorgefallen sind und wie sie in Zukunft besser damit umgehen könnten. Dabei sei aufgefallen, dass es nicht nur Grenzüberschreitungen von Seiten des Personals gebe, wie ungeduldige Bemerkungen, sondern es häufiger als erwartet auch zu grenzüberschreitendem Verhalten durch Bewohnende kommt. «Oft entsteht grenzverletzendes Verhalten auf Seiten der Bewohnenden durch ein nicht gestilltes Bedürfnis» so Cerveny. «Gerade bei Demenzpatienten, die sich nicht mehr gut verbalisieren können, kommt es häufiger zu aggressivem Verhalten gegenüber dem Personal. Aber dahinter steckt immer ein nicht gestilltes Bedürfnis oder das Nicht-Verstehen einer Situation.» Sensibilisierung für den Schweregrad Die Erarbeitung des Einstufungsrasters ist das Herzstück des Bündner Standards, ihm widmeten Dominique Cerveny und ihre Mitarbeitenden besonders viel Aufmerksamkeit. Im Raster wird die Einteilung von Grenzverletzungen in vier Stufen vorgenommen, von «Alltäglichen Situationen» über «Leichte Grenzverletzung» und «Schwere Grenzverletzung» bis hin zu «Massiven Grenzverletzungen». Zudem gibt es eine Einteilung in die verschiedenen Ebenen – also in die Ebene der Bewohnenden untereinander, Bewohnende gegenüber Mitarbeitende oder Mitarbeitende gegenüber Bewohnenden. Zu den jeweiligen Grenzverletzungen, etwa Beleidigung oder Diebstahl, gibt es im Raster Massnahmen. Während eines Monats hat das Pflegezentrum Beispiele zu grenzverletzendem Verhalten über alle Arbeitsbereiche hinweg gesammelt. «Wir haben für jeden Bereich eine Mappe mit dem Einstufungsraster und Merkblättern gemacht, damit die Mitarbeitenden nachschlagen können. Uns war besonders wichtig, die Handlungen ganz präzise zu benennen und auszuformulieren. Ausserdem haben wir uns zusammen überlegt, was tolerierbare und nicht tolerierbare Handlungen sind. Was darf man bei uns, was gehört zum Pflegeauftrag, was darf man nicht. So sind rund 40 Beispiele entstanden», so Cerveny. «Das Thema Grenzüberschreitungen haben wir erfolgreich aus der Tabu Ecke geholt, und es gehört nun zum Alltag, grenzverletzendes Verhalten zu benennen.» Dominique Cerveny. Institutionsleiterin Im Fokus

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