Innovationen entwickeln und umsetzen

ARTISET 06 I 2023 9 Mitgliedschaften. Das heisst: Die Leistungserbringer unterzeichnen einen unbefristeten Vertrag und bezahlen dafür einen moderaten, nach den Bettenzahl berechneten monatlichen Betrag. Damit erhalten sie eine Pflegeexpertin oder einen Pflegeexperten als Hauptansprechperson zugeteilt. Diese/dieser macht eine Bedarfsanalyse, erarbeitet einen umfangreichen Empfehlungskatalog und extrahiert daraus drei bis vier Priorisierungen, «die mit einem vertretbaren Aufwand einen grösstmöglichen Nutzen generieren». Im Mitgliederbeitrag eingeschlossen sind eine Reihe von Dienstleistungen – zusätzliche Stunden werden nach Aufwand berechnet. Mitgliedschaften ermöglichen es, so Kummer, fortlaufend Massnahmen umzusetzen, deren Wirkung zu evaluieren und gemeinsam mit den Verantwortlichen zu prüfen, ob ein echter Mehrwert resultiert. Erfolg stellt sich nicht sofort ein Eine bestechende Geschäftsidee, die es in dieser Form noch nirgends gibt, weder in der Schweiz noch anderswo. Für die Ausarbeitung des Businessmodells erhielt und erhält Suleika Kummer – neben ihrem Mann – Unterstützung von der Berner Organisation Be-advanced AG, die Start-ups mit Innovationspotenzial beratend zur Seite steht. «Wir alle waren überzeugt: Das wird einschlagen.» Der Erfolg stellte sich dann aber nicht so schnell ein wie erhofft. «Die erste Zeit war sehr hart», bekennt sie. Zum einen waren die Institutionen von der Coronapandemie absorbiert. Zum anderen sei auch einige Überzeugungsarbeit notwendig, um zu zeigen, dass die Leistungserbringer von einem verbesserten Zugang zur Pflegeexpertise profitieren können. Bis Mitte letztes Jahr waren Suleika Kummer und eine Kollegin, die Institutionen als Bildungsverantwortliche unterstützt, die einzigen Mitarbeitenden von Advacare. Seit August 2022 fasst das junge Unternehmen Fuss. Mittlerweile besteht das Team aus insgesamt zwölf Personen, sechs Pflegeexpertinnen und einem Pflegeexperten, zwei klinischen Fachexpertinnen, einer mobilen Bildungsexpertin, einem für die Fachbibliothek zuständigen Lektor sowie dem Mann von Suleika Kummer, der das Marketing und die IT verantwortet. Die Mitarbeitenden haben alle Teilzeitpensen. «Die Möglichkeit der Teilzeitarbeit ist für die Mitarbeitenden attraktiv.» Auf gutes Echo stosse zudem das Prinzip der Selbstorganisation und der fachliche Austausch innerhalb des Teams, wodurch die Weiterentwicklung jeder einzelnen Fachperson gefördert wird. «Trotz dem Fachkräftemangel bekommen wir Spontanbewerbungen», freut sich Kummer. Das Advacare-Team begleitet derzeit insgesamt 25 Kundinnen und Kunden, davon zehn im Rahmen einer Mitgliedschaft, nämlich drei Spitexorganisationen sowie sieben Pflegeheime. Die Kundinnen und Kunden befinden sich in fünf Kantonen der Deutschschweiz. «Unser Ziel ist es, schweizweit tätig zu sein.» Neben der Langzeitpflege sieht Suleika Kummer auch im Behindertenbereich einen grossen Bedarf. «Wir möchten auch diesen Versorgungsbereich sukzessive in unsere Dienstleistungen integrieren.» Fachexpertise an der Basis aufbauen Angesprochen auf ihre Vision, meint die Advacare-­ Geschäftsführerin: «Jeder Betrieb in der Schweiz sollte an Pflegeexpertise angeschlossen sein.» Damit ist aber nicht gemeint, dass Advacare dabei die zentrale Rolle spielt, auch wenn Suleika Kummer von ihrer Geschäftsidee überzeugt und am weiterenWachstum ihres Unternehmens interessiert ist. «Mit unseren Dienstleistungen möchten wir die Institutionen und Pflegenden nicht an uns binden. Wichtig ist uns vielmehr, die Fachexpertise an der Basis aufzubauen.» Gerade im Rahmen von unbefristeten Mitgliedschaften sei es möglich, die Kompetenzen von Pflegenden sukzessive weiterzuentwickeln. «Das Personal an der Basis soll den grossen Teil zunehmend selbst übernehmen können und uns nur noch für spezifische Situationen benötigen», beschreibt sie das Ziel von Advacare und meint schmunzelnd: «Es geht eigentlich darum, uns bei den Mitgliedern überflüssig zu machen.» Derzeit konzentriert sie sich zusammen mit ihrem Team darauf, die Dienstleistungen weiter auszudifferenzieren. «Unsere Konzepte und Handlungsanweisungen haben eine wissenschaftliche Basis, sind aber auf die Praxis ausgerichtet», formuliert sie ein zentrales Leitprinzip von Advacare. Pflegequalität sei zudem nicht einfach mit der sicheren Umsetzung verschiedener Prozesse gleichzusetzen. «Im Zentrum steht immer das Wohl der Menschen.» Zu diesem Zweck erweiterte Advacare das Angebot mit der APN-Rolle: Eine Pflegeexpertin APN (Advanced Practice Nurse) begleitet im Rahmen von Bedside-Teachings Pflegende bei hochkomplexen Pflegesituationen, übernimmt auch selbst Pflegesituationen und bespricht ihre Eindrücke im Rahmen von Pflegevisiten mit dem Pflegeteam. «Durch die Praxiseinsätze können wir die Lebensqualität der Bewohnenden am direktesten verbessern.» «Vernetzung ermöglicht eine hohe Effizienz. Wenn wir in der Langzeitpflege die Qualität entwickeln und stabilisieren wollen, schaffen wir das nur gemeinsam.» Suleika Kummer, Gründerin von Advacare Im Fokus

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